Regionales Wassermanagement

Im Wasserschloss ist genügend Wasser vorhanden, aber nicht immer dort, wo es gebraucht wird.

Daniel Vogt und ich treffen uns in Scherz. Wir sitzen bei ihm zu Hause und erörtern Sinn und Zweck, die Wasserversorgung im grösseren Rahmen zu denken als nur kommunal, wie das an vielen Orten der Fall ist. Der Klimawandel wird eine Herausforderung sein – die Lösung heisst regionales Wassermanagement, so wie es die Regionale Wasserversorgung Birrfeld (REWA) seit bald fünf Jahrzehnten praktiziert.

Daniel Vogt im Gespräch mit Felix Kreidler

Daniel Vogt gehörte ein Vierteljahrhundert lang dem Gemeinderat Scherz an und kümmerte sich unter anderem um das Ressort Wasser. Er bringt viel Erfahrung als Fachperson mit, was ihn befähigt, die REWA zu präsidieren. Zu dieser gehören die Gemeinden Windisch, Lupfig, Birr, Birrhard, Hausen und Mülligen. Ausserdem ist er als Landwirt, der auch Gemüse anbaut, zusätzlich sensibilisiert für das Thema, also der optimale Gesprächspartner in Sachen regionales Wassermanagement für Felix Kreidler, Leiter Ingenieur- und Service-Dienste bei der IBB.

Im Video erhalten Sie einen Einblick ins Interview.

Was hat sich in den letzten 25 Jahren in der Wasserversorgung verändert?

Daniel Vogt: Die Ansprüche der Privaten und der Landwirtschaft. Es gibt heute viel mehr Wassernutzungen im Hochsommer, viele Leute haben Swimmingpools und halbe Wasserparks im Garten. Daneben sind die Bedürfnisse des Gemüseanbaus gestiegen. Fehlte früher das Wasser, nahm man Ernteausfälle in Kauf. Heute darf es keine schlechten Jahre mehr geben, die Ertragssicherheit ist wichtig, denn die Verträge mit den Grossabnehmern müssen eingehalten werden.

Führt die Klimaerwärmung auch zu längeren Vegetationsperioden und dies wiederum zu längeren Bewässerungsperioden?

Daniel Vogt: Ja, man arbeitet mit Vlies und Folie im Frühling, versucht, das Anbaufenster zu verlängern, denn der regionale Aspekt ist ein Verkaufsargument. Aber gerade der letzte nasskalte Frühling hat gezeigt, dass es auch anders sein kann.

Haben wir trotz veränderter Ansprüche in der Region genügend Wasser?

Daniel Vogt: Absolut. Was aber nicht unbedingt bedeutet, dass man es vergeuden soll. Die Aufgabe ist vielmehr, das Wasser klug zu verwalten.

Felix Kreidler: Das hat sich in den vergangenen Monaten am Beispiel Birr gezeigt. Die Gemeinde, die sich bislang eigenständig versorgen konnte, wies ein tiefes Niveau beim Grundwasser auf. Die REWA konnte unterstützend wirken.

Daniel Vogt: Das hing mit dem trockenen Sommer des letzten Jahres zusammen. Grundwasser ist in Birr normalerweise in ausreichender Menge vorhanden, aber die Gemeinde verbrauchte in der Trockenphase sehr viel Wasser, und das Projekt Notkraftwerk kam wegen der Strommangellage erschwerend dazu. Wäre das Notkraftwerk in Betrieb genommen worden, hätte Birr in den Wintermonaten sehr viel Wasser gebraucht. Dieses hätte die Gemeinde zur Erholung des Grundwasservorkommens gebraucht. Also kam die Anfrage an die REWA, ob wir das benötigte Kühlwasser liefern könnten. Letztlich war das dann doch nicht notwendig, aber das Beispiel zeigt Sinn und Zweck der REWA auf.

Wie wichtig ist eine redundante Wasserversorgung?

Felix Kreidler: Es ist wichtig, dass das Grundwasser nicht übernutzt wird. Die Strategie der REWA zielt deshalb darauf ab, die Anzahl Bezugspunkte zu erhöhen und sie zu vernetzen.

Daniel Vogt: Es ist immer heikel, wenn man nur an einem Schlauch hängt. Die zusätzliche Verbindung mit der Wasserversorgung Brugg minimiert unsere Risiken. Es ist weiterhin wichtig, zusätzliche Leitungen ins Birrfeld zu legen und Gemeinden mit nur einem Strang redundant zu erschliessen. So wird es in Zukunft funktionieren.

Ist die REWA eine Pionierin?

Felix Kreidler: Der Kanton hat ein Projekt gestartet, das Geländekammern vernetzt und die Wasserversorgungen regionalisiert. Dies setzen wir schon seit zehn Jahren um. Die REWA ist also eine Pionierin.

Daniel Vogt: Der Verband wurde 1976 von visionären Gemeinderäten gegründet. Die merkten schon damals, dass die Verteilung die Herausforderung der Zukunft sein wird.

Felix Kreidler: Es brauchte aber noch eine weitere kleine Revolution. 2016 wurde das Projekt gestartet, die REWA zu reformieren. Früher musste jede Gemeinde zu einer Änderung Ja sagen. Heute entscheidet der Vorstand, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinden zusammensetzt. Das macht die Organisation flexibler, zielgerichteter und handlungsfähiger.

Daniel Vogt: Ja. Zudem hat die IBB die Geschäftsführung übernommen. Damit ist zusätzlich viel Fachwissen dazugekommen, da die IBB als Wasserversorgerin ebenfalls über viel Erfahrung verfügt. Vielleicht wird auch die Stadt Brugg irgendwann zum Verband gehören, dann werden statt der heute 22 000 Menschen deren 34 000 versorgt.

Felix Kreidler: Und die IBB kann als zusätzliche Lieferantin von Wasser für die REWA dienen. Die IBB besitzt zwei Grundwasserpumpwerke, sodass wir einander im Bedarfsfall helfen und Schwankungen ausgleichen können.

Daniel Vogt: Ein Beispiel, das im Zeichen des Klimawandels an Bedeutung gewinnen kann: Im Badschachen bei Schinznach Bad pumpt die Stadt Brugg Aaregrundwasser, in Unterwindisch wird von der Gemeinde Windisch Reussgrundwasser gefördert. Wenn bei Hochwasser nur einer der Flüsse betroffen ist, was durchaus vorkommt, kann man mit verschiedenen Bezugspunkten die Risiken minimieren.

Felix Kreidler: Diese Redundanz ist eminent wichtig, so kann die Versorgungssicherheit mit Wasser noch besser gewährleistet werden.

Redundanz ist eminent wichtig, nur – wie teuer darf Wasser sein?

Daniel Vogt: Wasser wird teurer, denn in die Versorgungssicherheit muss investiert werden. Ein neues Reservoir kommt schnell auf ein paar Millionen Franken zu stehen, Sanierungen und Unterhalt von bestehender Infrastruktur kosten natürlich auch.

Felix Kreidler: Dieser Punkt verdeutlicht noch einmal, dass die REWA in ihrer jetzigen Organisation gut aufgestellt ist. Wenn die Politik zu viel Einfluss auf Infrastrukturprojekte nimmt, wird es kompliziert. Man kann nicht Investitionen in Infrastrukturprojekte auf viele Jahrzehnte hinaus mit einer politischen Behörde bewältigen, bei der die Protagonisten alle vier Jahre wechseln können. Hierfür braucht es fachliche, nicht politische Entscheidungsgrundlagen.

Daniel Vogt: Die Krux einer Wasserversorgung ist, dass man sie nicht sieht: Man dreht am Hahn, das Wasser fliesst. Erst bei einem Blackout würde die Bevölkerung erkennen, was es alles für eine sichere Versorgung braucht. Doch genau dafür sind wir da: damit es nicht so weit kommt.

Die Regionale Wasserversorgung Birrfeld (REWA) ist ein Gemeindeverband der Gemeinden Birr, Birrhard, Hausen, Lupfig, Mülligen und Windisch und wurde in den 1970er-Jahren gegründet.

Zweck des Verbands ist, die Gemeinden mit hochwertigem Trink-, Brauch- und Löschwasser zu versorgen. Im Versorgungsgebiet der REWA leben heute rund 22 000 Menschen.

Die REWA sorgt zusammen mit den Verbandsgemeinden für die gesamtheitlich optimale Bewirtschaftung der Wasservorkommen, zum Beispiel durch die Optimierung der Wasserankäufe und -verkäufe oder die Vernetzung der Steuerung aller Anlagen des Primärsystems. Für die Verteilung des Wassers an die Bezügerinnen und Bezüger und für den Löschschutz bleiben die Gemeinden zuständig.

Die Gemeinde Windisch ist die grösste Wasserlieferantin der REWA. Das Wasserwerk Windisch ist für die Betriebsführung der REWA verantwortlich, die IBB übt die Geschäftsführung aus.

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